Die WHO-Leitlinien für Trinkwasserqualität betonen, dass Sicherheit in der Trinkwasseraufbereitung nicht primär durch die Einhaltung von Grenzwerten erreicht wird, sondern durch eine stringente Überwachung und Beherrschung der Prozesse vom Einzugsgebiet bis zum Verbraucher, maßgeschneidert für die jeweilig vor Ort als wesentlich bewerteten Gefährdungen. Dafür dient die Wassersicherheitsplanung, d.h. die Entwicklung eines – für das jeweilige Versorgungsystem spezifischen – Water Safety Plan (WSP).
Das WSP-Konzept beruht auf zwei Säulen: der Risikoabschätzung und der Prozessbeherrschung. Es ist ein operationales Konzept des Qualitätsmanagements mit folgenden Schritten:
- Systembeschreibung des gesamten Versorgungssystems vom Einzugsgebiet bis zum Verbraucher.
- Systembewertung durch Gefährdungsanalyse und Risikoabschätzung: d.h. Erfassung der im gesamten Versorgungssystem vorkommenden Ursachen oder Ereignisse, die die Trinkwasserqualität beeinträchtigen können (“Gefährdungen”), Abschätzung des Risikos bzw. der Wahrscheinlichkeit, dass sie eintreten sowie des dadurch verursachten Schadensausmaßes und Priorisierung der verschiedenen Risiken im Versorgungssystem.
- Risikobeherrschung auf der Basis einer Erhebung der bestehenden organisatorischen und technischen Maßnahmen zur Beherrschung der Gefährdungen sowie insbesondere der Bewertung ihrer Eignung (Validierung); dazu zählt auch die Bewertung der Eignung der eingesetzten Methoden zur Prozessüberwachung darauf hin, ob damit rechtzeitig erkennbar ist, ob die jeweilige Maßnahme in ihrem Sollbereich funktioniert; erforderlichenfalls Festlegung von Verbesserungen.
- Nachweis der Trinkwasserqualität (Verifizierung) um zu belegen,
dass mit den Maßnahmen die Ziele der Versorgungssicherheit erreicht werden, z.B. dass die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung eingehalten sind.
- Dokumentation aller wesentlichen Aspekte der Punkte 1-4
- Revision der Punkte 1-5 regelmäßigen Abständen
Zur Entwicklung eines WSP können Informationen verschiedenster Akteure im Einzugsgebiet relevant sein, und in der Umsetzung seiner Ergebnisse können die Interessen unterschiedlicher Akteure im Einzugsgebiets berührt sein, was häufig zu Konflikten führt. Eine erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung eines WSP ist dann wahrscheinlich, wenn die relevanten Interessengruppen bei der bereits Gefährdungsanalyse und insbesondere bei Entscheidungen über Maßnahmen zur Beherrschung der Gefährdung und über Zielgrößen einbezogen werden. Dazu zählen insbesondere auch das Gesundheitsamt und andere Behörden, die für ggf. das Rohwasser beeinträchtigende Aktivitäten im Einzugsgebiet zuständig sind (z.B. Wasserbehörde, Landwirtschaft, Tourismus).