Viren im Water Safety Plan
Systembeschreibung
Um beurteilen zu können, welche Spitzenbelastungen an Viren (und anderen Krankheitserregern) maximal zu erwarten sind, benötigt man eine gute Kenntnis des Einzugsgebiets, des Gewässers und insbesondere der Eintragspfade für Erreger. Diese Kenntnis ist auch Grundlage für eine Festlegung von Probenahmestellen und –zeitpunkten, die maximal zu erwartenden Virenkonzentrationen (als worst case Belastung des Rohwassers) erfasst. Um den mindestens zu erwartenden Rückhalt an Viren durch die im System vorhandenen Barrieren beurteilen zu können, sind über diese Systemkomponenten wie Sedimentpassage, Trinkwasseraufbereitung und zur Desinfektion ebenfalls gute Kenntnisse erforderlich. Folgende Informationen sind hilfreich:
Beschreibung des Einzugsgebiets
- Fläche, Hangneigung, Bodentypen
- Karte der Nebenflüsse; Daten zu deren Wasserfracht und Informationen über deren Abwasserbelastung
- Landnutzung im Einzugsgebiet z.B. Siedlungen, Landwirtschaft, Industrie, Forstflächen; Kennzeichnung derer, die zu Fäkaleinträgen führen können
- Fäkalbelastung aus Abwässereinleitungen; Kenngrößen zu Abwasseraufbereitungsverfahren und Schätzung der Abwasserfracht
Beschreibung des Gewässers
- Daten zur Konzentrationen an den Fäkalindikatoren (E. coli, Enterokokken)
- für Talsperren und Seen: Morphometrie, Wasseraufenthaltszeit, thermisches Durchmischungs- und Schichtungsverhalten
- für Flüsse: Fließgeschwindigkeit und Wasserfracht
- Weitere Daten zur Charakterisierung der Wasserqualität, insbesondere gelöster organischer Kohlenstoff (DOC), pH, Temperatur (einschließlich vertikaler Temperaturschichtung), Sauerstoffkonzentration (ebenfalls einschließlich vertikaler Gradienten), ggf. Redoxspannung sowie Trübung oder als einfaches Maß dafür die Sichttiefe (Secchi-Scheibe)
- Bei Rohwasserentnahme direkt aus dem Gewässer: Lage und Tiefen der Rohwasserentnahme
Informationen zur Sedimentpassage
- Länge der Fließstrecke
- Fließgeschwindigkeit
- Charakterisierung des Sediments: Korngröße, Heterogenität, Belegung mit Eisen und Aluminium
- Physiko-chemische Charakterisierung des Wassers auf der Fließstrecke, insb. Ionenstärke, Konzentration an gelöstem organischem Kohlenstoff (DOC), Konzentration an Ca und Mg, Trockenrückstand, Temperatur, und ggf. die Redoxspannung
Informationen zur Trinkwasserversorgung
- Schritte der Trinkwassergewinnung und aufbereitung, z.B. Voroxidation, Flockung, Sedimentation, Filtrierung, Ozonung, Aktivkohlefilterung, Langsamsandfiltration, Uferfiltration, Desinfektion; Angaben zu deren Betriebsparametern, die für die Entfernung von Viren relevant sein könnten
- Menge des abgegebenen Trinkwassers
- bei Entwicklung eines kompletten Water Safety Plan Informationen auch zum Wasserverteilungssystem, z.B. Karte der Hauptverteilung, Wasserspeicher im Verteilungssystem mit Zustand und Verweilzeiten
Diese Informationen sind an unterschiedlichen Stellen verfügbar: zum Einzugsgebiet z.B. bei den für die Genehmigung von Anlagen, Bauten und Aktivitäten im Einzugsgebiet zuständigen Behörden, zu den naturräumlichen Bedingungen im Einzugsgebiet bei den geographischen Landesämtern, zu den Gewässern bei den zuständigen Wasserbehörden und ggf. bei Wasserverbänden (z.B. Talsperrenverwaltung), zur Wasseraufbereitung und Desinfektion bei technischen Leitern der Wasserwerke sowie unbedingt auch auf der Ebene der Werksmeister und Techniker mit konkreten Anlagenkenntnissen.
Entscheidend zur Sicherstellung der Validität und Aktualität dieser Informationen ist die periodische Ortsbegehung im Team der Experten, die Einzugsgebiet und Gewässer insb. im Hinblick auf Quellen und Eintragspfade für Viren sowie erfolgskritische Aspekte der Trinkwasseraufbereitung beurteilen können.