Entscheidungsunterstützungssystem

Wie viele Liter virenfrei?

Krankheitserreger dürfen gemäß § 5 der Trinkwasserverordung im Trinkwasser „… nicht in Konzentrationen enthalten sein, die eine Schädigung der menschlichen Gesundheit besorgen lassen“. Welche Konzentration bedeutet dies konkret?

  • Die Niederlande definieren in ihrer Trinkwassergesetzgebung ein Gesundheitsziel dahingehend, dass maximal eine Infektion durch Trinkwasser pro 10.000 Einwohner pro Jahr tolerierbar ist.
    Dieses Gesundheitsziel kann man umrechnen in ein theoretisches Wasserqualtätsziel für die Virenkonzentration, bei der es eingehalten ist. Diese errechnet sich aus Annahmen zur Menge an aufgenommenem, nicht abgekochtem Trinkwasser pro Person und Tag, der Infektionsdosis und der Erkrankungswahrscheinlichkeit (Schmoll et al., 2012; [1] ).
    Am Beispiel des Diarrhöe auslösenden Rotavirus ergibt sich eine Virenkonzentration von maximal einem Virus in 10 5 Litern (d.h. eine Virenkonzentration von 10 -5 pro Liter).
  • Die Weltgesundheitsorganisation (WHO 2011; [2] ) verwendet eine ähnliche, aber etwas komplexere Maßeinheit zur Definition des Gesundheitsziels: sie gewichtet die Infektionslast zusätzlich nach der Dauer und Schwere der Erkrankung und berechnet somit DALY (“Disability-Affected Life Years”). Sie schlägt eine maximale tolerierbare Krankheitslast von 10 -6  DALY pro Jahr und Person vor. Das bedeutet nach Schmoll et al. (2012; [1] ) zu tolerieren, dass z.B. maximal eine Person pro tausend an einer dreitägigen ‘leichten’ oder z.B. maximal eine von 250 Personen an einer siebentägigen schwereren trinkwasserbedingten Diarrhöe erkrankt. Auf der Grundlage der o.g. Annahmen sowie solcher zur durchschnittlichen Schwere und Dauer der Erkrankung ergibt sich für das Gesundheitsziel von 10 -6  DALY pro Jahr und Person am Beispiel des Diarrhöe auslösenden Rotavirus ebenfalls eine Virenkonzentration von 10 -5 pro Liter.

Dieses Gesundheitsrisiko dienst auch in Deutschland zur Orientierung und die Konzentration von maximal einem Virus pro 10 5 Liter dient als Maßstab [3] . Das bedeutet für die Anwendung dieses Entscheidungsunterstützungssystems: Errechnet Ihnen das Modell anhand der von Ihnen eingegebenen Parameter eine Virenkonzentration von mehr als 10 -5 pro Liter (bzw. 10 -6 pro 100 ml), so gilt es, ggf. mit Hilfe des Modells zu prüfen, welche Parameter Sie verändern können, um diese Konzentration sicher einzuhalten. In der Praxis ändern kann man bei der Sedimentpassage meist die Fließgeschwindigkeit und/oder die Fließstrecke.

[1]

Schmoll, O.; Chorus, I.; Feuerpfeil, I.; Selinka, H.-C.; Szewzyk, R.: Die Bewertung gesundheitlicher Risiken durch Krankheitserreger im Trinkwasser: Theoretische Maßstäbe und praktische Konsequenzen, Umweltmed Forsch Prax 17 (2) (2012), 81 – 95

[2]

WHO (2011): Guidelines for Drinking-water Quality, fourth ed., WHO, Geneva

[3]

Umweltbundesamt (2014). Vorgehen zur quantitativen Risikobewertung mikrobiologischer Befunde im Rohwasser sowie Konsequenzen für den Schutz des Einzugsgebietes und für die Wasseraufbereitung. Bundesgesundheitsblatt-Gesundheitsforschung-Gesundheitsschutz, 57(10), 1224-1230.